Vorstoss zur Zentralisierung der Quellensteuer abgelehnt

Am 25. Februar 2015 habe ich zusammen mit Astrid Ziegler (CVP) und Klemenz Somm (glp) den Vorstoss zur Zentralisierung der Quellensteuer eingereicht. Mit dieser Gesetzesänderung sollen Thurgauer Unternehmen zukünftig die Quellensteuer für ihre ausländischen Arbeitnehmer zentral beim Kanton einreichen können und auch eine Veranlagung und eine Rechnung bekommen. Heute erfolgt die Abrechnung mit jeder einzelnen Gemeinde und kann für Unternehmen mit mehreren quellenbesteuerten Arbeitnehmern aufwendig und kompliziert werden. 

Nach der negativen Antwort des Regierungsrates auf unsere Motion, hat leider auch das Parlament am 4. November 2015 unseren Vorstoss abgelehnt. Was ich nicht nachvollziehen kann, ist die Tatsache, dass die selbsternannten Wirtschaftsparteien SVP und FDP einen so wirtschaftsfreundlichen Vorstoss ablehnen konnten. Da hat sich eindeutig die Lobby der Gemeindepräsidenten in diesen Fraktionen durchgesetzt. Die Gemeinden wollen keine Macht abgeben, auch wenn sie teilweise die Kompetenzen für diese Aufgaben nicht haben. Und im Regierungsrat sitzen halt auch ehemalige Gemeinde-Exekutivmitglieder, welche immer noch auf die Gemeinden hören statt auf die Wirtschaft. Sehr schade, wir haben hier eine Gelegenheit verpasst, den Thurgauer Unternehmen administrative Aufgaben zu erleichtern.

Nachfolgend mein Votum, welches ich an der Grossratssitzung gehalten habe:

Wenn ich die Antwort des Regierungsrates zu dieser Motion lese, dann fühle ich mich gleich wieder im selben Film wie schon bei meiner vorher behandelten Motion betreffend Öffentlichkeitsgesetz. Wiederum geht der Regierungsrat hin und fragt nur die Gemeinden nach Ihrer Meinung. Dass 70% der Gemeinden, die diese Vernehmlassung beantwortet haben, dagegen sind Kompetenzen an den Kanton abzugeben, war wiederum schon von vornherein klar. Gerade von kleinen Gemeinden höre ich aber, dass das Thema Quellensteuer Riesenaufwände beschert und zu organisatorischen Problemen führt. Diese Tatsache blendet der Regierungsrat in seiner Antwort komplett aus.

Die Gemeinden befürchten in Ihrer Vernehmlassungsantwort einen Verlust der Kundennähe! Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, wer ist denn hier eigentlich der Kunde? Der Arbeitnehmer? De jure schon, da er die Steuern bezahlen muss. De facto sind es aber die Arbeitgeber, welche die Quellensteuern abrechnen müssen.

Und jetzt frage ich mich schon, wieso der Regierungsrat nicht mit diesen Kunden, d.h. den Wirtschaftsverbänden und grösseren Arbeitgebern im Thurgau gesprochen hat? Aus meiner Sicht eine sehr grosse Unterlassungssünde! Die Kundensicht fehlt komplett in Ihrer Antwort, sehr geehrte Regierung!

Nun Herr Regierungspräsident Stark, ich habe das für Sie nachgeholt. Stellvertretend für die Wirtschaft habe ich mit der Industrie- und Handelskammer gesprochen. Die von der IHK befragten Firmen und Treuhänder betrachten den Bezug der Quellensteuer generell als Ärgernis, der einen grossen administrativen Aufwand verursacht. Sobald ein Unternehmen Arbeitnehmer beschäftigt, welche in verschiedenen Gemeinden wohnhaft sind, wird der Austausch mit den Gemeinden als aufwendig empfunden, weil die Praxis in den Gemeinden nicht einheitlich sei – so der Tenor der Befragten. Ausserdem wird das Personal auf den Gemeinden als unterschiedlich kompetent eingestuft. Der Wunsch nach einer Vereinfachung besteht von Seiten der Befragten eindeutig.

Im Weiteren habe ich ein Gespräch mit dem Geschäftsführer einer grösseren Temporärfirma geführt. Seine Worte sind noch viel deutlicher. Er rechnet aufgrund der grossen Anzahl von Temporär-Angestellten mit verschiedensten Gemeinden und auch mit anderen Kantonen ab. Seine Erfahrungen sind keine Momentaufnahme, sondern das Resultat von 15 Jahren Quellensteuer-Abrechnung. Während der VTG in seiner Vernehmlassungsantwort erstaunlicherweise das zentralisierte System der Kantone SG und ZH als schlechtes Beispiel zitiert, äusserte sich mein Gesprächspartner sehr positiv über die Kantone SG, ZH und SH und deren System. Auch mit einigen grossen TG-Gemeinden klappe die Zusammenarbeit gut. Allerdings äusserte er sich sehr unzufrieden überdie kleineren Gemeinden. Erstens fehlt es teilweise an Kompetenz, dann bleiben auch Dossiers liegen, die Stellvertretungen sind nicht gegeben. Also alles andere, als ein gut funktionierendes System.

Das vom Regierungsrat in seiner Antwort aufgeführte neue eQuest für die zentrale Abrechnung der Quellensteuer ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Aber es ist leider nur die halbe Wahrheit und nicht zu Ende gedacht. Denn schlussendlich  erfolgt die Veranlagung und die Rechnung für die Quellensteuern doch wieder durch die einzelnen Gemeinden. Ebenso sind Rückfragen zu Abrechnungen an die einzelnen Gemeinden zu richten. Hier ist der Arbeitgeber also wieder gleich weit wie vorher. Der vorher zitierte Geschäftsführer der Temporärfirma verzichtet deshalb auf die zentrale Abrechnung mit eQuest, da er nachher sowieso die einzelnen Rechnungen dann wieder manuell mit der ursprünglich eingereichten Abrechnung abgleichen muss. Wenn der Regierungsrat also in seiner Antwort behauptet, dass sich durch eine Zentralisierung im heutigen Zeitpunkt kaum Vereinfachungen und Effizienzgewinne erreichen lassen, dann übersieht er definitiv grundlegende Tatsachen. Stellen Sie sich vor, die Sozialversicherungen würden heute ebenfalls noch mit der Wohngemeinde jedes einzelnen Arbeitnehmers abrechnet!

Was mich zudem ziemlich nervt, ist die Tatsache, dass wir Motionäre vor Einreichung der Motion im Februar 2015 mit dem zuständigen Amtschef und dem zuständigen Regierungsrat gesprochen haben, und weder auf die zwei Monate später folgende Einführung von eQuest hingewiesen wurden, noch auf die Tatsache, dass eine Systemänderung in der Kompetenz der Regierungsrates liegt und es keine Motion braucht.

Und ich versichere Ihnen weiter, dass wir Motionäre auch nach Eingang der Antwort des Regierungsrates nochmals das Gespräch mit dem zuständigen Regierungsrat gesucht haben. Wir wären bereit gewesen, die Motion zurückzuziehen, wenn im Gegenzug eine Systemänderung auf dem Verordnungsweg versprochen worden wäre.  Aber wie bekannt beugt sich der Regierungsrat auch hier wieder den Gemeinden und will alles so lassen, wie es ist. So wird einem wirtschaftsfreundlichen Vorstoss, welcher administrative Hürden abbauen will, die kalte Schulter gezeigt.

Ich bitte Sie inständig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser wirtschaftsfreundlichen Motion zuzustimmen. Nur so kann der Druck auf die Regierung aufgebaut werden, die Systemänderung zu vollziehen. Wenn sie dies dann auf dem Verordnungsweg tut, wohlan – dann kann die Motion auch so abgeschrieben werden.