Am 29. August 2018 habe ich zusammen mit Vertretern der anderen Nicht-Regierungsparteien Grüne, EVP, EDU und BDP die Motion «Grossratspräsidium für Nichtregierungsparteien» eingereicht. Es geht darum, dass das Grossratspräsidium aufgrund eines ungeschriebenen Gesetzes nur den Regierungsparteien zusteht. Diese wechseln sich im fixen Turnus ab, so dass innerhalb einer 4-jährigen Legislatur je einmal die SVP, die FDP, die CVP und die SP an der Reihe sind. Bis auf eine Ausnahme (1980/81) wurde das immer so gemacht. Die Regierungsparteien möchten nicht davon abrücken und haben immer erfolgreich verhindert, dass auch die Nicht-Regierungsparteien zum Zuge kommen. Dem erneuten Anlauf von uns ist ein Antrag an die Fraktionspräsidien-Konferenz vorausgegangen, worin wir einen konkreten Vorschlag für einen neuen Turnus gemacht haben. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt und auch unsere Motion wird vom Büro des Grossen Rates abgelehnt.
Die heutige Debatte im Kantonsparlament war emotional und heftig geführt, dies vor allem von Seiten von uns Kleinparteien. Nachfolgend mein Votum dazu:
«Wenn es einen Preis für das Suchen von fadenscheinigen Begründungen für die Ablehnung der Motion gäbe, das Büro hätte ihn mit der Beantwortung dieser Motion gewonnen. Wenn die Büromitglieder der Regierungsparteien wenigstens ehrlich gewesen wären und einfach gesagt hätten: «Wir wollen das nicht – basta»
Im Wesentlichen stehen in der Antwort des Büros die Begründungen, die schon in der Fraktionspräsidien-Konferenz vom 15.8.2018 genannt wurden. Schon damals konnte ich fast nicht glauben, was ich da an Begründungen zu hören bekam.
Die grösste Regierungspartei wäre eigentlich dafür, beharrt aber auf mindestens ein Präsidium pro Legislatur. Die zweite Regierungspartei wäre eigentlich auch dafür, will aber nicht, dass die grösste Regierungspartei einmal pro Legislatur drankommt. Die dritte Regierungspartei fürchtet, dass das bisherige konstante System durch ein labiles System ersetzt wird und ist deshalb dagegen. Und die vierte Regierungspartei schliesslich schiesst mit ihrer Begründung tatsächlich den Bock ab. Sie befürchtet, dass eine Kleinpartei innerhalb einer Fraktionsgemeinschaft das Präsidium zugesprochen erhält und dann im nächsten Jahr wiederum als Vertreter der Nichtregierungs-Parteien das Präsidium erhält. Ja, wie absurd ist das denn? Das ist Real-Satire pur.
In der Antwort des Büros werden Gründe gegen das GR-Präsidium für eine Kleinpartei aufgelistet, dass einem fast schwindlig wird. Immer wieder wird auch darauf hingewiesen, dass es Fraktionsgemeinschaften gibt, die in jeder Legislatur wieder wechselnd zusammengesetzt sein können. Aber: Eine Kleinpartei erhält innerhalb einer Fraktionsgemeinschaft nie und nimmer das Präsidium. Beim grösseren Partner in einer Fraktionsgemeinschaft gibt es immer viele Personen mit Ambitionen auf das Amt, so dass der kleinere Fraktionspartner nie zum Zuge kommen wird. Darauf wette ich!
Aktuell sitzen im Rat 29 Mitglieder von Nichtregierungsparteien, über ein Fünftel des Rates also. Diese Gruppe ist grösser wie die CVP, die SP und die FDP, die aber alle glauben, ihr Anspruch auf das Präsidium sein in Stein gemeisselt. Wir Kleinparteien haben einen valablen Vorschlag für den Turnuswechsel des Präsidiums gemacht. Wir haben sogar berücksichtigt, dass die SVP in jeder Legislatur einmal drankommt. Und die Regelung, welche Kleinpartei innerhalb der Gruppierung der Nichtregierungsparteien das Amt ausüben darf, das könnten wir problemlos unter uns lösen. Es gibt einige Persönlichkeiten unter diesen 29 Mitgliedern der Kleinparteien, die dem Grossratspräsidium gut gewachsen wären und die über eine langjährige politische Erfahrung verfügen. In anderen Kantonen geht das auch: So haben zum Beispiel die Grünliberalen aktuell in Bern und im Aargau das Grossratspräsidium inne. Die Regierungsparteien teilen sich alle wichtigen Ämter und Positionen im Thurgau untereinander auf. Vom TKB-Bankrat, über die Spital Thurgau AG bis zur PH Thurgau, usw. Das Grossratspräsidium ist aber weitestgehend ein repräsentatives Amt, welches sehr gut entpolitisiert werden könnte. Es ist Zeit, dass dies endlich einmal geschieht.
Nun, sei’s denn: schlussendlich kommt das Büro zum sagenhaften Fazit, dass ein fixer Turnus abgelehnt wird, obwohl heute genau dieser fixe Turnus besteht. Man will es nicht in die GOGR schreiben, weil man befürchtet diese GOGR in jeder Legislatur ändern zu müssen. Als ob im Thurgau bei den Wahlen jeweils erdrutschmässige Verschiebungen passieren würden. Das Fazit des Büros ist also genau so fadenscheinig wie die ganzen Begründungen in der Antwort.
Schade. Es bleibt uns Kleinparteien gar keine andere Wahl, als jeweils bei allen Wahlen anzutreten und Kampfwahlen zu provozieren. Tut das dem politischen Klima an einer Wahlsitzung, wo eigentlich gefeiert werden sollte, wirklich gut? Ich bezweifle es, aber Sie wollen es nicht anders. Wir werden an den verkrusteten Strukturen rütteln, bis sie aufbrechen. Das Päckli der Regierungsparteien wird von den Wählern je länger je weniger goutiert. 2016 war ein Vorgeschmack darauf – Fortsetzung folgt.»
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