Den Grünliberalen eilt es gar nicht mit dem Entscheid, mit wem sie sich für die nationalen Wahlen verbünden wollen. Dies strapaziert die Nerven der Grünen und der FDP.
Es ist noch gar nicht so lange her, da war die FDP-Parteileitung zuversichtlich, dass sie bis Ende Februar über ihre Listenverbindung informieren werde. Mittlerweile muss sie einsehen, dass das eine Illusion war. Bald kommt der Frühling. Aber bis die Thurgauer Listenverbindungen fix sind, könnte es auch Sommer werden.
Dabei wäre eigentlich alles angerichtet. Die FDP tendiert zum Zentrum. Nach dem Debakel vor vier und vor 12 Jahren liegt es für sie nahe, eine grosse Verbindung anzustreben, zusammen mit der Mitte, mit der EVP und der GLP. Die Mitte ist darauf nicht angewiesen, sie kann ihren Sitz auch mit der EVP allein verteidigen. Aber sie würde Hand bieten. Sandra Stadler, Präsidentin der Mitte Thurgau: «Eine Listenverbindung mit EVP, FDP und GLP würden wir eingehen.»
Aber es klemmt – wieder einmal – bei der GLP. Sie will zuerst noch die Wahlresultate in anderen Kantonen abwarten und beobachten, wie sich die Wahlumfragen entwickeln. Ueli Fisch, der starke Mann der Thurgauer Grünliberalen: «Man kann nicht von uns erwarten, dass wir uns schon so früh entscheiden.» Erste Priorität habe ein eigener Sitzgewinn, deshalb sei es wichtig, die Verteilung der Wählerstimmen möglichst genau vorherzusehen. Und dies wird vermutlich immer einfacher, je näher der Wahltermin rückt. Denn es kann noch einiges passieren, das die Wählergunst verändern könnte.
Während also die FDP auf Nadeln sitzt, bleibt die GLP gelassen. Es gebe für die Grünliberalen drei Varianten, und noch sei nicht klar, welche die beste wäre, sagt Ueli Fisch. Entweder die erwähnte grosse Viererverbindung (GLP/Mitte/FDP/EVP). Oder wie vor vier Jahren mit GP und SP – was aber nicht ihre erste Wahl ist. Die grössten Chancen auf einen Sitzgewinn hat die GLP aber in einer Verbindung mit der Mitte und der EVP, aber ohne FDP. Und hier liegt wohl die Ursache für die Pattsituation, in der sich die Parteien des mittleren Spektrums seit Wochen befinden.
Fast wie 2019
Die Situation erinnert frappant an jene vor vier Jahren. Damals wurde die FDP geradezu genötigt, mit der SVP eine Listenverbindung einzugehen – obwohl eine solche für beide Parteien nicht die erste Wahl war. Die GLP wollte sich auch damals noch nicht festlegen. Die CVP sagte: Eine Listenverbindung mit der FDP, aber ohne GLP ist uns zu riskant. Die FDP wurde nervös, weil sie 2011 ohne Listenverbindung ihren Sitz verloren hatte. Irgendwann wandte sie sich an die SVP. Die Geschichte könnte sich wiederholen, aber die Frage ist, ob die SVP auch dieses Jahr mitmachen würde.
Rein arithmetisch ist die FDP nämlich – wie schon vor vier Jahren – kein interessanter Partner. Zudem haben sich FDP-Exponenten jüngst eher abschätzig über eine Verbindung mit der SVP geäussert. In einem Radiobeitrag des SRF-Regionaljournals deuteten Gabriel Macedo und Hansjörg Brunner an, vor vier Jahren sei die FDP wegen der «falschen» Listenverbindung mit der SVP aus dem Nationalrat gefallen.
SVP-Präsident Ruedi Zbinden hält den Ball flach. Er findet diese Kritik zwar unberechtigt. «Es hätte geradeso gut sein können, dass die FDP auf unsere Kosten einen Sitz gewonnen hätte. Es ging vor vier Jahren darum, den bürgerlichen Block zu stärken und nach Möglichkeit vier Sitze zu erobern.» Er schliesse aber nicht aus, dass es auch dieses Jahr wieder dazu kommen könnte. Aber jetzt sei es definitiv noch zu früh, sich dazu zu äussern.
Mittlerweile gibt sich auch der Präsident der FDP Thurgau diplomatischer. Er hütet sich auf Anfrage, seine Präferenzen offen zu kommunizieren, sondern zieht sich mit Floskeln aus der Affäre. Es gebe rechnerische und inhaltliche Faktoren, welche bei Listenverbindungen zählten. Damit ist noch nicht viel gesagt. Aber immerhin sagt Macedo noch: «Für uns kämen verschiedene Kombinationen in Frage. Das Einzige, was ich ausschliesse, ist eine Listenverbindung mit der SP und den Grünen.»
Apropos Grüne: Nebst der FDP sind auch sie in einer ungemütlichen Situation. Falls sie die GLP als Listenpartner verliert, verliert sie vermutlich auch ihren Sitz. Bereits sagte der Nationalrat der Grünen, Kurt Egger, schon etwas genervt in einem Radio-Interview, die Grünliberalen seien «vor allem am Rechnen». Für diese seien arithmetische Faktoren wichtiger als inhaltliche Gemeinsamkeiten.
Der Wahlsonntag ist am 22. Oktober, also in knapp acht Monaten. Meldeschluss für die Listenverbindungen ist rund zwei Monate vorher, nämlich am 21. August. Die GLP hat also noch einige Zeit, um zu rechnen. Und womöglich dennoch wieder auf das falsche Pferd zu setzen, wie vor vier Jahren.
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