Der Grossrat hat sich heute intensiv mit der Pensionskassenvorlage befasst. Siehe auch den Bericht der Thurgauerzeitung von heute (online) http://www.thurgauerzeitung.ch/ostschweiz/thurgau/kantonthurgau/tz-tg/Personal-muss-bei-Pensionskassen-Sanierung-mithelfen;art123841,3532957

Es wurde sehr kontrovers und lange diskutiert. Obwohl ich in der vorberatenden Kommission mitgearbeitet habe und auch hinter der Kommissionsfassung stehe, habe ich zwei Anträge eingereicht, welche die Kommissionslösung aus meiner Sicht noch verbessern. Leider wurden beide Anträge abgelehnt. Sicher werde ich für die zweite Lesung die Anträge (allenfalls modifiziert) wieder einbringen, zumal vor allem der Antrag zu §11 Abs. 9 nur relativ knapp unterlag (57:63 Stimmen).

Mein Eintretensvotum hier in voller Länge:

Zu Beginn möchte ich mich bei sämtlichen Kolleginnen und Kollegen der vorberatenden Kommission sowie bei Regierungspräsident Koch für die konstruktive Kommissionsarbeit bedanken. Sehr hilfreich, um die komplexe Materie zu verstehen, waren auch die Anwesenheit des externen Experten und des PK-Präsidenten. Auch Ihnen gilt mein persönlicher Dank.

Als Kommissionsmitglied war ich mir meiner Verantwortung, wie sich die Entscheide der Kommission auf die finanzielle Situation der PKTG und damit auch auf die Versicherten auswirken, stets voll bewusst. Ebenso galt es für uns Kommissionsmitglieder aber auch, die Verantwortung gegenüber dem Kanton als Arbeitgeber, gegenüber dem Staat sowie gegenüber dem Steuerzahler wahrzunehmen. Eine Gratwanderung, meine Damen und Herren. Und ich bin absolut nicht schwindelfrei, glauben Sie mir. Also habe ich diese  Gratwanderung stets mit grösster Vorsicht begangen – immer unter  Berücksichtigung aller Vor- und Nachteile für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Die Vergangenheitsbewältigung war eine aufwendige, aber wichtige Diskussion. Natürlich kann man sich fragen, was es bringt, in der Vergangenheit zu wühlen, Fehler zu finden und dann mit dem Finger auf die Schuldigen zu zeigen. Aber trotzdem war es genau diese Frage, die Frage nach denjenigen, die für die Lage der PKTG verantwortlich sind, die mir persönlich von betroffenen Versicherten der PKTG am meisten gestellt wurde. 

Wichtig erscheinen mir bei der Vergangenheitsbewältigung folgende Punkte:

  • Der Crash der Finanzmärkte im 2008 war nicht vorhersehbar – die ebenfalls als Grund für die schlechte Performance genannte Eurokrise vielleicht schon eher. Zur Verteidigung der PK-Kommission: Man ist dem Auf und Ab der Finanzmärkte oft einfach ausgesetzt – nicht alles ist planbar. Jemand der alles vorhersehen kann, sitzt wahrscheinlich kaum hier im Saal, sondern eher auf den Bahamas oder den Malediven. Wichtig ist, dass das Risikomanagement der PKTG verbessert wurde – vielleicht spät – aber lieber spät als nie.
  • Bei der bisherigen Rechtsgrundlage war eine Sanierung der PKTG nicht möglich. Eine Änderung dieser Verordnung hätte von der Pensionskassen-Kommission der PKTG früher verlangt werden können. So hätte eine Sanierung schon längst gestartet werden können. So wie das private Pensionskassen schon viel früher getan haben.
  • Die Verantwortung für die aktuelle Finanzsituation der PKTG auf den Kanton Thurgau zu schieben wie dies z.T. öffentlich gemacht wird, ist nicht korrekt. Die PK-Kommission ist paritätisch besetzt, d.h. die Verantwortung liegt und lag schon immer bei Arbeitnehmern und Arbeitgeber zusammen, welche beide ihre Vertreter in diese Kommission delegieren können. Die PKTG und damit auch die Versicherten selbst müssen sich hier also selbst bei der Nase nehmen.

Die nun von der vorberatenden Kommission vorgeschlagene Lösung zeichnet sich durch folgende Punkte aus:

  • Die erarbeitete Lösung ist ein ausgewogenes Paket, welches nach intensiven  Verhandlungen zustande gekommen ist. An den Grundlagen des Gesamtpaketes sollte nicht mehr geschraubt werden, um die Vorlage nicht als Ganzes zu gefährden. Anträge, welche ich noch zu §11 einzubringen beabsichtige, dienen lediglich der Flexibilisierung und der Umsetzungsgeschwindigkeit der Vorlage und rütteln nicht an der  Gesamtaussage der Kommissionsfassung.
  • Die PKTG wird mit dieser Verordnungsänderung in die Eigenständigkeit entlassen, die Politik hat ab jetzt praktisch keine Einflussmöglichkeit mehr
  • Zum Thema Staatsgarantie: Ich hätte persönlich kein Problem damit gehabt, die Staatsgarantie weiter in der Verordnung zu lassen und erst bei einem gewissen Deckungsgrad fallen zu lassen. Aber es ist tatsächlich so, dass eine solche Staatsgarantie – ausser einer psychologischen – keine echte Wirkung gehabt hätte. Im Normalfall käme sie gar nie mehr zum Tragen. Ich betone „im Normalfall“ – und ich erinnere daran, dass der Beinahe-Untergang der UBS zum Beispiel kein Normalfall war. Wer hätte diese Möglichkeit je in Betracht gezogen? Es kann also immer einen nicht vorherzusehenden „worst case“ geben – und ich denke, dass die PKTG für den Kanton Thurgau in so einem Fall sowieso „too big to fail“ wäre.
  • Oberstes Ziel der vorberatenden Kommission war es, die PKTG möglichst schnell auszufinanzieren und einen Deckungsgrad von 100% zu erreichen. Die Sanierungsbeiträge welche vorgesehen sind, ermöglichen eine schnelle Gesundung der PKTG und geben den Angestellten so wieder die nötige Sicherheit für die Zukunft. Eine Sanierung bedeutet aber immer Opfer, sowohl bei Arbeitgebern als auch bei Arbeitnehmern. Die Arbeitnehmer an der Sanierung zu beteiligen, hat überhaupt nichts mit mangelnder Wertschätzung zu tun. Es ist für jede private Pensionskasse völlig normal, dass eine Sanierung paritätisch getragen werden muss. Sehr viele Arbeitnehmer in diesem Kanton, welche in der Privatwirtschaft tätig sind, haben solche Sanierungen hinter sich oder stecken mitten drin. Die Verbände welche nun fordern, dass die Arbeitnehmer nichts zur Sanierung beitragen müssen, leben mit Verlaub gesagt auf dem Planeten Utopia!
  • Wie hoch der Beitrag der Arbeitnehmer zur Sanierung schlussendlich sein wird, lasse ich hier noch offen, da ich wie gesagt noch Anpassungsanträge zu §11 vorbringen werde.
  • Der Kanton ist bereit altrechtliche Teuerungszulagen in einem Einmalbeitrag einzuschiessen. Natürlich sind diese Beträge bereits geschuldet, aber mit dem Einschuss des Betrages von 53 Mio. auf einen Schlag trägt der Kanton wesentlich zur Beschleunigung der Sanierung bei. Die PKTG kann ab sofort mit diesem Geld arbeiten – der Deckungsgrad steigt sofort um 2%! Die weiteren Sanierungsmassnahmen sind den Arbeitnehmern durchaus zumutbar. Eine Nullverzinsung ist natürlich bitter, aber durchaus ein übliches Sanierungsmittel, welches von vielen privaten Pensionskassen als Sanierungsmassnahme eingesetzt wird. Ich erinnere aber auch an die Jahre 2006 und 2007, wo durch eine Mehrverzinsung den Versicherten der PKTG total 35 Mio. Franken als „Zinsbonus“ zugeflossen sind. Damals hat wahrscheinlich niemand reklamiert. Nun ist halt die Situation dieses Mal anders rum und es braucht den Beitrag der Arbeitnehmer.
  • Dass der Kanton sich mit 56% an der Sanierung beteiligen will, ist für mich ein grosszügiges Angebot. Generell ist ein Beitragsverhältnis von 56/44% eine gute Lösung für die Arbeitnehmer. Als KMU-Unternehmer kenne ich nichts anderes als ein 50/50% Beitragsverhältnis und ich denke, so wie mir geht es den meisten Unternehmern und Angestellten von KMU- und Gewerbebetrieben im Thurgau. Was also an einem Beitragsverhältnis von 56/44% unattraktiv sein soll, muss mir erst mal jemand erklären.
  • Meine Damen und Herren von personalThurgau und Bildung Thurgau: wenn Sie ein Beitragsverhältnis von 61/39% fordern, wie es die Swisscanto-Studie ermittelt, dann vergleichen Sie die PKTG u.a. mit Multis wie der UBS, CS, Novartis, Roche usw. – aber nicht mit den im Thurgau ansässigen Industrie- und Dienstleistungsfirmen. Ein denkbar schlechter Vergleich also. Ich glaube also, hier zu jammern, heisst „jammern auf einem sehr hohen Niveau“.
  • Alles in allem ist diese Sanierung „ein Ende mit Schrecken“, aber eben immer noch besser als „ein Schrecken ohne Ende“.

Und was erwartet nun die PKTG in der Zukunft?

  • Die Grundlagen für eine rasche Gesundung sind nun geschaffen
  • Die PKTG muss aber weiterhin sehr vorsichtig agieren, eine neue ALM-Studie ist sehr wichtig und scheint unmittelbar geplant zu sein.
  • Wie ich schon in meiner einfachen Anfrage vor dem Start der Kommissionsarbeit erwähnt habe zeigen die Prognosen deutlich, dass sich der Referenzzinssatz gemäss Fachrichtlinie FRP 4 der Schweizerischen Kammer der Pensionskassen-Experten weiter absenken wird und deshalb davon auszugehen ist, dass eine Reduktion des technischen Zinssatzes auf 3% nicht ausreichen wird.
  • Es ist daher wichtig zu wissen für die PKTG, wie die Implikationen bei einer weiteren Senkung des technischen Zinssatzes auf 2.5% bzw. 2.0% (und damit auch eine Senkung des Umwandlungssatzes) sind und wie dann mit den damit verbundenen Leistungsreduktionen umgegangen würde?
  • Die Herausforderungen an die PKTG werden also nicht kleiner. Der Kanton als Arbeitgeber wird weiterhin in der Pflicht sein und wird auch in zukünftigen Krisensituationen im Falle von weiteren Sanierungen seinen Beitrag leisten müssen – notabene zu 56% – also immer mit einer Mehrleistung im Vergleich zu den Arbeitnehmern.

Ein Wort noch zu meinen angekündigten Anträgen zu §11.

Wie eingangs erwähnt, stellen meine Anträge keineswegs die Kommissionsfassung in Frage, sondern sind aus meiner Sicht Verbesserungen, welche allen Parteien nur Vorteile bringen und zwar folgende:

  • Sanierung kommt den Kanton günstiger zu stehen als beim Kommissionsvorschlag.
  • Die Änderungen gestalten die Lösung flexibler und die PKK hat mehr Spielraum, um die Sanierung voranzutreiben.
  • Die Sanierung wird schneller umgesetzt als bei der Kommissionsfassung