Motion von Peter Dransfeld, Ueli Fisch u.a. vom 30. März 2022
Der Regierungsrat wird beauftragt, das Gesetz über die Staats- und Gemeindesteuern (Steuergesetz; StG) dahingehend zu ergänzen, dass auch bei umfassenden baulichen Sanierungen und Renovationen in jedem Einzelfall geprüft und beurteilt wird, ob und in welchem Umfang die ausgeführten Arbeiten dem Unterhalt (Werterhalt), dem Energiesparen, dem Umweltschutz oder der Denkmalpflege dienen.
Begründung
Die Notwendigkeit für mehr Nachhaltigkeit im Baubestand ist dringender denn je. Die Bauwirtschaft ist gewillt und in der Lage, gute, nachhaltige Lösungen umzusetzen. Wesentlicher Anreiz für nachhaltige baulichen Massnahmen im Bestand war bisher die steuerliche Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Werterhalt, Denkmalpflege, Energieeffizienz und Umweltschutz.
Leider wurde die steuerliche Behandlung von Gesamtsanierungen in den letzten Jahren in fragwürdiger Weise geändert, notabene ohne gesetzliche Grundlage: Demnach werden umfassende Um- oder Ausbauten als «wirtschaftlich-technischer Neubau» qualifiziert, womit sämtliche Kosten (auch werterhaltende Unterhaltskosten) ohne jede Differenzierung als wertvermehrende Anlagekosten betrachtet werden. Dies mit der unschönen Folge, dass der steuerliche Abzug insgesamt entfällt.
Dieser «Alles oder nichts»-Ansatz ist keinesfalls sachgerecht. Ein Hauseigentümer nimmt eher selten gestaffelte Renovationen vor, sondern bündelt möglichst viele Arbeiten, um die Liegenschaft rasch wieder normal nutzen zu können. Doch dann besteht die Gefahr, dass die Steuerverwaltung einen «wirtschaftlich-technischen Neubau» annimmt und auch bei werterhaltenden Unterhaltskosten die steuerliche Abzugsfähigkeit verweigert. Dadurch entsteht eine absurdes Anreizsystem, das Kleinsanierungen belohnt, während umfassende, sinnvolle und besonders konsequente Investitionen in Werterhalt, Denkmalpflege
und Energieeffizienz bestraft werden.
Der plötzliche Wandel in der Besteuerungspraxis ist unsinnig, er behindert gute Lösungen und bringt aktuell Bauherrschaften dermassen finanziell in Bedrängnis, dass einzelne nach sehr sinnvollen Baumassnahmen ihr Haus verkaufen müssen. Die neue Praxis motiviert dazu, lieber abzureissen und neu zu bauen, was ohnehin günstiger ist, jedoch weder dem Denkmalschutz noch der Nachhaltigkeit gerecht wird. Auch führt sie dazu, dass energietechnisch weniger befriedigende Lösungen steuerlich absetzbar sind, umfassendere energietechnische Sanierungen dagegen nicht.
Das steuerrechtliche «Alles oder nichts»-Konstrukt des «wirtschaftlich-technischen Neubaus» führt zu wenig sachgerechten, unbefriedigenden und ungerechten Ergebnissen. Deshalb haben einzelne Steuerverwaltungen bereits entschieden, wieder davon abzurücken und auch bei umfassenden Sanierungen wieder auf eine Einzelbetrachtung abzustellen (so z.B. der Kanton Bern).
Eine Rückkehr zur Praxis mit kleinen Anreizen für kleine Massnahmen und grossen Anreizen für grosse Massnahmen ist auch im Kanton Thurgau dringend angezeigt. Qualitätvolle nachhaltige Baumassnahmen sind teuer, auch nach Abzug regulärer Fördergelder. Auch wenn sie steuerlich entlastet werden, verbleiben erhebliche Mehrkosten bei der Bauherrschaft.
Auch im Kanton Thurgau soll daher künftig auch bei umfassenden Sanierungen wieder in jedem Einzelfall geprüft und beurteilt werden, ob und in welchem Umfang die ausgeführten Arbeiten dem Unterhalt (Werterhalt), dem Energiesparen, dem Umweltschutz oder der Denkmalpflege (soweit nicht durch Subventionen gedeckt) dienen. Eine steuerrechtlich differenzierte Betrachtungsweise ist auf jeden Fall (sach-)gerechter.
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