NZZ vom 14.1.2014: „1995 wechselte der Kanton Bern vom Grundsatz der Geheimhaltung zum Öffentlichkeitsprinzip. Seither sind der Bund und die meisten Kantone diesem Beispiel gefolgt. Doch längst nicht überall scheint mehr Transparenz ein erstrebenswertes Ziel zu sein.“

Auch der Kanton Thurgau ist noch eine der Dunkelkammern der Nation und kennt das Öffentlichkeitsprinzip in Verfassung und Gesetz nicht. Dies wollen die Grünliberalen Thurgau nun ändern und haben in einer Fachgruppe einen entsprechenden Vorstoss ausgearbeitet. Diese Motion werde ich an der WEGA-Sitzung des Grossrats am 29.9.2014 einreichen. Nachfolgend der Originaltext des Vorstosses:

Motion: „Einführung des Öffentlichkeitsprinzips im Kanton Thurgau“

Der Regierungsrat wird beauftragt, dem Grossen Rat eine Vorlage zu unterbreiten, welche die notwendigen verfassungsmässigen und gesetzlichen Grundlagen schafft, um im Thurgau auf Kantons-, Gemeinde- und Schulgemeindeebene das Öffentlichkeitsprinzip einzuführen. Insbesondere soll jede Person das Recht haben, amtliche Dokumente einzusehen und von den Behörden Auskunft über den Inhalt amtlicher Dokumente (Akten, Studien, Berichte, u.a.) zu erhalten, sofern sie nicht überwiegend öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen.

Begründung
In einer direkten Demokratie ist es von zentraler Bedeutung, dass sich Bürger und Medien ein eigenes Bild von Sachverhalten machen können. Deshalb ist es hilfreich, der Öffentlichkeit weit reichende Akteneinsicht zu gewähren. In Verfassung und Gesetzgebung des Kantons Thurgau fehlt ein solcher Rechtsgrundsatz. Die bestehenden Bestimmungen verpflichten die verschiedenen Organe der staatlichen Behörden des Kantons dazu, die Allgemeinheit aktiv zu informieren. Weiter besteht das Recht auf Akteneinsicht für Betroffene, sofern nicht höher zu gewichtenden öffentliche Interessen bestehen. Es gibt aber kein grundsätzliches Recht auf Akteneinsicht für nicht betroffene Personen.

Als erster Kanton hat Bern bereits 1995 das Öffentlichkeitsprinzip eingeführt. Seither haben sowohl Bund als auch die meisten Kantone ihre Verfassung bzw. Gesetzgebung entsprechend angepasst. Auch Graubünden und St. Gallen sind daran die Gesetzeslücke zu schliessen, ebenso laufen in Luzern solche Bemühungen. Aktuellster Fall ist  Zug, wo ein entsprechendes neues Gesetz seit dem 10.5.2014 in Kraft ist.

Die gemachten Erfahrungen sind überwiegend positiv. Die anfangs befürchtete Flut von Anfragen ist ausgeblieben. Im Thurgau scheint der Handlungsbedarf auf den ersten Blick nicht sonderlich gross zu sein. Oft stellt der Kanton die entsprechenden Dokumente proaktiv zur Verfügung. Insbesondere auf Gemeindeebene unterscheidet sich der Zugang zu amtlichen Dokumenten jedoch immer noch erheblich. Während gewisse Gemeinden ihre Bürger vorbildlich informieren bzw. Einsicht gewähren, ist die Arbeit des Gemeinderates in anderen Gemeinden weniger transparent. Nicht zuletzt auch aufgrund einer gewissen Rechtsunsicherheit. Gerade hier könnte ein entsprechendes neues Gesetz die erforderliche Rechtssicherheit schaffen und somit Druck von den Behörden nehmen.

Die Verankerung des Öffentlichkeitsprinzips in der Thurgauer Gesetzgebung wäre ein pragmatischer Weg interessierten Bürgern Zugang zu den amtlichen Dokumenten zu verschaffen, ohne dass Kanton, Gemeinden und Schulgemeinden dazu verpflichtet werden, in aufwändiger Kleinarbeit sämtliche Dokumente proaktiv der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Gesetz soll den Zugang zu amtlichen Dokumenten ab Inkrafttreten des Gesetzes regeln, d.h. also nicht rückwirkend.